ALL YOU CAN EAT?

Apr 29 / Bernd Michael Meier
Zwei- bis dreimal im Jahr gönne ich mir ein kleines kulinarisches Ritual: einen Besuch beim „Chinesen" und genau heute war einer dieser Tage. Warum ich ausgerechnet zum China-Restaurant gehe?

Natürlich nicht, weil ich auf den schnellen Teller voller Reis und frittiertem Allerlei aus bin, sondern weil mich die faszinierende Vielfalt am Buffet begeistert – diese bunte Mischung aus unterschiedlichsten Fleisch- und Gemüsevariationen.  

Mein Teller bleibt dabei klar strukturiert: Fleisch und Gemüse, bewusst ausgewählt, Punkt. Reis, Nudeln oder süße Saucen? Die lasse ich natürlich konsequent aus. Schließlich ernähre ich mich ketogen – und diese Linie behalte ich bei, egal wo ich bin, auch beim „All you can eat“.
Vielleicht fragst Du Dich jetzt:  
Warum gönnt er sich das dann nur zwei- bis dreimal im Jahr?

Die Antwort ist einfach, aber wesentlich: Sonnenblumenöl, Rapsöl und Glutamat.
In nahezu allen asiatischen Restaurants wird mit diesen preisgünstigen Pflanzenölen gekocht – Öle, die wegen ihres hohen Anteils an Omega-6-Fettsäuren Entzündungsprozesse im Körper fördern können.  
Und dann ist da noch Glutamat, jener viel diskutierte Geschmacksverstärker, der Speisen zwar intensiver schmecken lässt, aber leider auch Risiken birgt.

Was genau macht Glutamat so problematisch?

Glutamat wirkt wie ein Turbo auf unsere Nervenzellen. Kurzfristig mag es uns ein Hochgefühl bescheren – doch auf Dauer kann diese Überstimulation zu ernsthaften Problemen führen. Kopfschmerzen, Herzrasen, Konzentrationsstörungen und sogar die Förderung von Übergewicht oder neurologischen Störungen werden damit in Verbindung gebracht.  
Es ist nicht der einzelne Teller, der schadet. Es sind die kleinen, wiederholten Belastungen, die sich summieren und im Hintergrund wirken.

Genau deshalb bleibt mein Besuch beim Chinesen eine bewusste Ausnahme.

Aber jetzt will ich zu meiner eigentlichen Beobachtung kommen. Während ich meinen Teller mit Sorgfalt zusammenstellte, fiel mein Blick auf ein Bild, das mich – im besten Sinne – innehalten ließ:  
Schräg gegenüber saß ein junges Ehepaar, vielleicht Mitte dreißig, mit ihrer kleinen Tochter, wohl kaum älter als fünf oder sechs Jahre.

Ein harmonisches Bild. Eine kleine Familie beim gemeinsamen Mittagessen, lachend, plaudernd, in inniger Verbundenheit. Diese Szene strahlte eine Wärme aus, die den ganzen Raum heller erscheinen ließ.  
Für einen Moment schien die Zeit stillzustehen – als würde das Leben selbst uns daran erinnern, worauf es wirklich ankommt: Gemeinschaft. Liebe. Miteinander.

Doch je länger ich beobachtete, desto mehr entfaltete sich eine andere Dimension dieses Bildes.  
Auf den Tellern der Familie türmten sich Pommes, panierte Nuggets, süß-saure Saucen und alles, was das Buffet an stark verarbeiteten Leckereien hergab. Aber mein Blick blieb nicht nur beim Essen hängen:
Der Vater hatte einen imposanten Bauchumfang, der sich schwer über den Hosenbund wölbte. Die Mutter trug sichtbar ein "XL-Format" im Bereich der Hüften – alles klare, unübersehbare Signale einer kohlenhydratlastigen Ernährung, die sich wohl über viele Jahre aufgebaut hatte und ein Spiegel unserer modernen Ernährungsrealität sind.

Doch das eigentliche Detail, das mir besonders ins Auge sprang, hatte weniger mit dem Essen selbst zu tun – sondern mit dem, was währenddessen geschah.  
Vor der kleinen Tochter stand, hübsch eingebettet in eine rosa Schutzhülle, ein Kinder-Tablet.  
Auf dem Bildschirm liefen bunte Comics, schnell, laut, flimmernd – und die Aufmerksamkeit des Mädchens gehörte ganz diesem kleinen Gerät.  

Das Essen selbst? Wurde nur noch mechanisch und völlig unbewusst zum Mund geführt. Biss für Biss – gedankenlos, automatisch, abwesend. Eine Szene, die mich tief nachdenklich stimmte:  Achtsamkeit? Völlige Fehlanzeige.

Natürlich, die Eltern liebten ihre Tochter zweifellos von ganzem Herzen. Daran bestand kein Zweifel und der herzliche Umgang konnte das bestätigen.
Aber Liebe allein reicht nicht aus, wenn wir unseren Kindern den Weg zu echter Gesundheit, innerer Präsenz und bewusster Lebensführung ebnen wollen.

Denn was hier fehlte, war genau das, was unser Leben wirklich nährt:
Aufmerksamkeit. Verbindung. Bewusstes Erleben und bewusste Entscheidungen bei der Auswahl unserer Nahrung.

Nicht nur das Essen an sich ist unser Problem – sondern der Verlust an Achtsamkeit, der sich in kleinen, alltäglichen Momenten einschleicht und unser gesamtes Lebensgefühl auf Dauer entleer

Was können wir daraus mitnehmen?
Vielleicht, dass wahre Fürsorge weit über die bloße Sättigung hinausgeht.  
Vielleicht, dass echte Liebe sich auch darin zeigt, Achtsamkeit und Disziplin vorzuleben.  
Und vielleicht, dass wir jeden Tag – an jedem Tisch – die Wahl haben: Schnell und achtlos zu konsumieren oder bewusst und gezielt zu ernähren.

Für uns selbst. Und für jene, die noch lernen, was es heißt, wirklich zu leben.

In diesem Sinne:  
Möge Dein nächstes Essen nicht nur Deinen Körper nähren – sondern auch Deine Seele, denn wahre Gesundheit beginnt nicht auf dem Teller – sie beginnt in der Art, wie wir essen, leben und lieben. Wähle bewusst. Jeden Tag. Für Dich und für die, die Dir anvertraut sind.

Dein Bernd Michael Meier • 4Life